Bernerhofgespräch

Finanzen

Schuldenbremse

Bernerhofgespräch 2024: Bedeutung der schweizerischen Schuldenbremse

Beim traditionellen Bernerhofgespräch vom 13.5. 2024 durfte die Schweizerische Gesellschaft für Verwaltungswissenschaften (SGVW) Sarah Wyss (SP-Nationalrätin und Präsidentin der Finanzkommission NR) und Lars Guggisberg (SVP-Nationalrat und Mitglied der Finanzkommission) begrüssen, um die Zukunft der schweizerischen Schuldenbremse zu erörtern – ein Thema, das in der aktuellen finanzpolitischen Landschaft der Schweiz von brennender Relevanz ist. Das Event wurde von Fabian Schäfer (Leiter der NZZ-Bundeshausredaktion) moderiert.

16.05.24


Nach einer Einführung in das Thema durch die Direktorin der Eidgenössischen Finanzverwaltung, Sabine D’Amelio-Favez, diskutierten unsere beiden Gäste die schweizerische Schuldenbremse unter der Leitfrage «Freund oder Fetisch» sehr kontrovers und angeregt.

Einigkeit bestand darin, dass die Schuldenbremse wirkt. Seit ihrer Einführung im Jahr 2003 hat sie die Staatsschulden reduziert. Angesichts der aktuellen finanzpolitischen Herausforderungen, insbesondere durch die Covid-19-Pandemie und den anhaltenden Konflikt in der Ukraine, steht jedoch die Frage im Raum, ob und wie das bestehende System angepasst werden sollte, um auf die sich schnell verändernden Bedingungen reagieren zu können.

Erwartungsgemäss lagen die Ansichten über die Rechtmässigkeit und Angemessenheit des aktuell diskutierten Fonds zur Ukraine und zur Armeefinanzierung bei den Diskutanten diametral auseinander. Ist die Einheit der Materie verletzt und handelt es sich bei den beiden Themen um ausserordentliche Ereignisse, die eine ausserordentliche Finanzierung erlauben? Sind wichtige Investitionen «ausserordentlich», um eigentliche Bundesaufgaben zu finanzieren?

Während der Diskussion wurden die kontroversen Ansichten über die Zukunft der Schuldenbremse ausgetauscht. Einige Vorschläge zur möglichen Modifikation der Schuldenbremse, wie die Einbeziehung von Nettoinvestitionen, eine symmetrische Bewirtschaftung des Ausgleichskontos oder auch Fondsstrukturen mit Verschuldungsmöglichkeit wurden von beiden Politikern beleuchtet.

Mögliche Änderungen würden aus der einen Perspektive eine grössere und sachgerechte Flexibilität ermöglichen und erlauben, in wachstumsfördernde Projekte zu investieren. Andererseits würde die grössere Flexibilität die Politik zu neuen Ausgaben verleiten und uns in die Zeit der Schuldenwirtschaft er 90er Jahre zurückversetzen. Klar ist, dass eine  Anpassung die Änderung des Finanzhaushaltsgesetzes voraussetzt. Ausserdem sei es essenziell sicherzustellen, dass die Staatsschulden unter Kontrolle blieben, bzw. die Schweiz sich nicht weiter verschulde.

Unsere Gäste erkundeten die Möglichkeiten einer intelligenten Sparpolitik, die nicht nur auf die Reduzierung der nominalen Schulden abzielt, sondern eine Stabilisierung der Schuldenquote anstrebt. Hierbei wurde betont, dass Investitionen notwendig seien, um langfristig positive Rückflüsse zu generieren, was im Einklang mit einer nachhaltigen und wirtschaftlich rationalen Finanzpolitik steht. Anderseits wurde die Bedeutung einer klareren und verbindlichen Regelung der Schuldenbremse hervorgehoben, um ihre Interpretation und Anwendung zu verbessern.

Gleichermassen sei es jedoch wichtig, dass die Staatsschulden nicht schneller als die Wirtschaft wachsen und dass die vergleichsweise niedrige Verschuldung der Schweiz ein nach wie vor wesentlicher Standortvorteil für Unternehmen sei. Des Weiteren wurde die Bedeutung der Schuldenbremse als Instrument der finanziellen Selbstdisziplin betont, insbesondere angesichts der breiten Zustimmung in der Bevölkerung bei ihrer Einführung.

Das diesjährige Bernerhofgespräch hat gezeigt, dass die Finanzpolitik in den nächsten Jahren ein besonders spannendes Thema sein wird. Man darf gespannt sein, ob und welche politischen Kompromisse mehrheitsfähig wird. Angesichts der sehr unterschiedlichen Lösungsansätze ist zu erwarten, dass am Schluss wohl das Volk die Frage «Sparen oder Steuererhöhungen» zu beantworten haben wird.

Mit Verweis auf die anstehende Herbsttagung zum Jahresthema «kann die Schweiz Finanzpolitik?» am 14. November 2024 entliess Lukas Bruhin (Präsident des Programmausschusses SGVW) die Besucher:innen in den gemeinsamen Apéro.

Wir danken allen Beteiligten und den Sponsoren KPMG, T-Systems und Novo Business für die gelungene Veranstaltung!