Finanzielle Führung der Zukunft

Der optimierte Budgetprozess

Der Ausgangspunkt für die Budgetierung des Folgejahrs bildet in der Regel das Budget des laufenden Jahres. Bei den Budgeteingaben wird meist ein wenig mehr als in der Vergangenheit berücksichtigt. Dazu gehören zusätzliche Personalkosten, Teuerung, Reserven für Unvorhergesehenes usw. Das Risiko von Budgetkürzungen wird meist ebenfalls bereits berücksichtigt. So entsteht ein stetiges Kostenwachstum, das nur schwer gebremst werden kann.

08.11.23


Ein Beitrag von Jesse van Rijswijk und Gabriel Trinkler

Nachfolgend soll aufgezeigt werden, wie ein optimierter Budgetprozess diesem kontinuierlichen Kostenwachstum entgegenwirken kann.

Einbettung der jährlichen Budgetierung in einen rollenden Finanzplanungsprozess

Das jährliche Budget sollte nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr ist das Budget ein Ausschnitt einer rollenden und mehrjährigen Finanzplanung. Die öffentliche Hand ist dazu verpflichtet, eine mehrjährige Finanzplanung zu erstellen. Diese beschreibt in der Regel die Entwicklung der Aufgaben und deren Einfluss auf die Finanzlage in den nächsten vier bis fünf Jahren. Als wichtiges Planungsinstrument der Exekutive soll diese Mehrjahresplanung aus finanzieller Sicht den Rahmen bilden und übergeordnet als Vorgabe und Ausblick auf die Entwicklung der jährlichen Budgets dienen. Losgelöst von momentanen Partikularinteressen und kurzfristigen Sichtweisen sollen strategische und politische Schwerpunkte und deren finanzielle Implikation für den Haushalt abgebildet werden. Ausgangspunkt für die Budgetierung im Folgejahr ist somit nicht mehr das Budget des laufenden Jahres, sondern das jeweilige Planjahr, das aus der langfristigen Finanzplanung abgeleitet wird. Naturgemäss ist die langfristige Planung mit Unsicherheiten behaftet. Je weiter in die Zukunft geblickt wird, desto grösser werden die Planungsunsicherheiten. Eine regelmässige Aktualisierung inklusiv Vergleich mit den effektiven Werten hilft, die Wachstumsfaktoren und deren finanzielle Auswirkungen auf den Haushalt besser zu verstehen und die Genauigkeit der Planung zu verbessern.

Klare Vorgaben für die Budgetierung

Abgeleitet aus der Mittelfristplanung werden konkrete Vorgaben für die jährliche Budgetierung erarbeitet. Für die jeweiligen Leistungen der öffentlichen Hand sollten Leistungs- und Wirkungsziele mit einer finanziellen Vorgabe erarbeitet werden. Auch hier ist darauf zu achten, dass sich die jährlichen Vorgaben nach den strategischen Schwerpunkten und den Legislaturzielen der Exekutive richten. Damit diese Vorgaben greifen, ist es wichtig, die jeweiligen Budgetverantwortlichen und die politischen Vertreterinnen und Vertreter in diesen Prozess einzubeziehen. Nur wenn es gelingt, spezifische, messbare, erreichbare, relevante und terminierte Ziele festzulegen, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, diese zu erreichen. Anreizsysteme (z.B. Leistungsprämien) können helfen, die Identifikation mit dem eigenen Budget und dessen Zielerreichung zu erhöhen.

Transparenz und gegenseitiges Vertrauen schaffen

Im Budgetierungsprozess übernimmt die Finanz- oder Controlling-Abteilung eine zentrale Rolle. Als prozessverantwortliche Organisationseinheit ist sie wesentlich am Erfolg eines optimierten Budgetprozesses beteiligt. Der Fokus liegt dabei nicht auf der reinen Konsolidierung der einzelnen Budgeteingaben zu einem Gesamtbudget, sondern vermehrt mit einer aktiven Unterstützungsrolle für die operativen Bereiche. Dies beinhaltet nebst der Aufbereitung von adäquaten Templates für die Budgeterfassung eine Ausstattung der Budgetverantwortlichen mit Finanz- und Treiberdaten. Nur wenn unterschiedliche Wissensstände reduziert werden können, wird die Transparenz erhöht. Dabei geht es um einen Austausch in beide Richtungen. Sowohl das Verständnis der operativen Bereiche für die finanziellen Zusammenhänge als auch das Verständnis der Finanz- und Controlling-Abteilung für die operative Tätigkeit der öffentlichen Hand sollen dabei erhöht werden. Dazu gehört zum Beispiel auch die Identifikation von einmaligen und wiederkehrenden Kosten, damit einmalige Effekte nicht automatisch zur Basis für die rollende Planung werden. Insbesondere wenn Uneinigkeiten bei wesentlichen Budgetpositionen zwischen der Finanzverwaltung der budgetierenden Einheit bestehen, ist seitens der Finanzverwaltung proaktiv ein Gespräch zu suchen. Bleiben die Meinungsdifferenzen bestehen, ist der Geschäftsleitung bzw. der Exekutive ein Alternativvorschlag inklusive Erläuterung zu unterbreiten. Ebenfalls hilfreich und oft unterschätzt im Budgetprozess ist eine systematische Prognose. Da zum Zeitpunkt der Budget-erstellung noch wenige Daten für das laufende Jahr vorhanden sind, kann eine gute Prognose wichtige Inputs für die Budgetierung liefern.

Projekt- und Portfolioplanung

Kreditrechtlich benötigt die öffentliche Hand stets eine Rechtsgrundlage, um Ausgaben tätigen zu können. Für neue Ausgaben gilt in vielen Kantonen das Prinzip der doppelten Ausgabenbewilligung. Nebst einer rechtlichen Grundlage bedingt die Tätigung einer Ausgabe eine Ausgabenbewilligung (gemäss Finanzkompetenzen) sowie eine Genehmigung des Budgets durch die Legislative oder Gemeindeversammlung. In gewissen Kantonen wird mit dem Budget bis zu einer gewissen Höhe auch gleichzeitig die Ausgabe bewilligt. Dies führt häufig dazu, dass im Budget deutlich mehr Vorhaben und Projekte berücksichtigt werden, als realistischerweise umsetzbar sind. Dies aus dem einfachen Grund, dass die nachträgliche Schaffung einer ausgaberechtlichen Grundlage für nicht budgetierte Ausgaben mit zusätzlichem Aufwand verbunden ist und der politische Entscheidungsprozess oft träge und schwer planbar ist.

Ein an die Grösse und Komplexität der Organisation angepasstes Projekt- und Portfoliomanagement kann die Budgetierung dahingehend unterstützen, dass lediglich Vorhaben budgetiert werden, die auch mit hoher Wahrscheinlichkeit umgesetzt werden können. Dies ist dann der Fall, wenn das Projekt- und Portfoliomanagement auf die Kosten- und Ressourcenplanung inkl. Terminplanung fokussiert, Abhängigkeiten zu anderen Projekten identifiziert und Projektverzögerungen an die richtigen Stellen (z. B. Projektmanagement-Office, Geschäftsleitung, Gemeinderat) rapportiert werden. Zudem hilft der Abbau der Hürden der Legitimation von nicht budgetierten Ausgaben, damit Kosten reduziert werden. Konkret kann beispielsweise der Prozess für die Beantragung eines Nachtragskredits unkompliziert gestaltet werden, damit die Budgetverantwortlichen weniger Budgetreserven einkalkulieren.

Systeme und Hilfsmittel

Für effiziente Budgetprozesse braucht es entsprechende Instrumente. Leider sind in vielen Organisationen die Budgetprozesse wenig effizient. Viele unterschiedliche Erfassungsmasken, Medienbrüche und manuelle Arbeiten führen zu Terminverzögerungen und sind fehleranfällig. Zudem liegt der Fokus in solchen Fällen auf der Zusammenführung von Daten und nicht auf der Unterstützungsfunktion. Ein Budgetprozess, der in einem Prozessmanagement-Tool abgebildet ist und in dem die Aufgaben und Kompetenzen klar beschrieben sind, schafft Klarheit über den Prozess. Wird dieser Prozess noch mit einem systemunterstützten Workflow hinterlegt, trägt dies zusätzlich zu einer termingerechten Budgetierung bei. Zudem sollten sowohl die Budgeteingaben als auch die Budgetkorrekturen direkt im Finanz-System erfasst und dokumentiert werden, um eine spätere Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten. Für das anschliessende Monitoring der Budgetausführung ist es wichtig, dass Soll-Ist-Abweichungen direkt aus dem Finanz-System pro Leistungsgruppe oder Organisationseinheit ausgegeben werden können.

Fazit

Die Optimierung des Budgetprozesses ist eine grosse Herausforderung und verlangt das Zusammenspiel diverser Verwaltungseinheiten. Die Analyse von Verbesserungen im Prozess erfolgt idealerweise gleich im Anschluss an diesen, wenn die Erfahrung noch präsent ist. Leider fällt das Ende des Budgetprozesses oft mit dem Beginn des Jahresendabschlusses zusammen und die Optimierungsvorhaben geraten bis zur nächsten Budgetphase in den Hintergrund. Dennoch lohnt sich der Aufwand. Teilweise können bereits kleinere Anpassungen im Prozess eine grosse Wirkung erzielen. Für die Leitung der Finanz- oder Controlling-Abteilung ergeben sich damit Gestaltungsmöglichkeiten, die operativ und strategisch nachhaltig sind.


Jesse van Rijswijk ist Bereichsleiter Finanzen, Informatik und Personal der Gemeindeverwaltung Allschwil

Gabriel Trinkler ist Controller der Stadt Wädenswil