Finanzielle Führung der Zukunft

Die staatliche Kostentransparenz

Öffentliche Körperschaften wie Gemeinden oder Städte werden primär durch Steuergelder finanziert. Entsprechend müssen sie gegenüber den Steuerzahler:innen rechtfertigen, wie die Steuergelder eingesetzt werden und welche Leistungen damit finanziert werden. Jedoch führt eine rein finanzielle Betrachtungsweise der Kostenentwicklung oftmals zu Missverständnissen, die in folgenden Aussagen münden können: «Die Kosten für die Einwohnerkontrolle steigen jedes Jahr. Arbeitet die Verwaltung eigentlich auch effizient?» «Jedes Jahr wird proportional zu den Gesamtschüler:innen viel mehr für die Tagesbetreuung ausgegeben. Das kann doch nicht sein!»

29.11.23


Ein Beitrag von Joel Haueter

Wie schaffen es Gemeinden und Städte, gegenüber ihren Stakeholdern eine möglichst transparente Berichterstattung zu machen? Dieses Thema wurde anlässlich des Next Gen Swiss Public Finance Netzwerk in zwei Workshops mit Gemeindevertreter:innen diskutiert. Nachfolgend werden die wesentlichen Erkenntnisse aus den Workshops – bestehend aus den Best-Practice-Inputs der Gemeinden – zusammengefasst.

Den Informationsgehalt je nach Adressat:innen gestalten

Gemeinden und Städte haben verschiedene Anspruchsgruppen mit unterschiedlichen Informationsbedürfnissen (z.B. die Geschäftsleitung, das Parlament oder die Bevölkerung). Deshalb ist es zentral, diese Bedürfnisse zu kennen und die Berichterstattung (z.B. unterjährige Management Reportings, Prognosen, Jahresbericht) entsprechend empfängerorientiert aufzubauen. Dabei geht es nicht nur um die Inhalte der Berichterstattung, sondern auch um die Periodizität.

Beispielsweise benötigt die Geschäftsleitung schnellere und detaillierte Informationen für Entscheidungen (z.B. Investitionsentscheidungen) als externe Anspruchsgruppen, die im Nachhinein Rechenschaft über finanzielle Mittel oder öffentliche Leistungen einfordern. Es ist von zentraler Bedeutung, dass für die Geschäftsleitung oder die politische Ebene die relevanten Informationen pro Abteilung (z.B. Jahresendprognosen, Bevölkerungsmutationen, Bautätigkeit, Sozialhilfeentwicklung) bestimmt werden, welche rapportiert werden sollen. Darüber hinaus muss auch festgelegt werden, ob die Informationen für die Gemeindeführung monatlich oder beispielsweise quartalsweise rapportiert werden sollen. Gegenüber den externen Stakeholdern kann dann beispielsweise eine aggregierte Form der internen Berichterstattung in einem Online Cockpit auf der Gemeindeseite gewählt und der Fokus verstärkt auf die Gesamtentwicklung – weg von der Abteilungsentwicklung – gelegt werden. Die externen Anspruchsgruppen können so auf einen Blick die wesentlichen Aspekte der Gesamtentwicklung der Gemeinde erkennen. Ein praxisorientierter Leitfaden für Data Storytelling im öffentlichen Sektor wurde von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) entwickelt und enthält nützliche Details für die Kommunikation von (komplexen) Daten gegenüber den unterschiedlichen Anspruchsgruppen.

Details zeigen stärkt das Vertrauen, aber in einem gesunden Masse

Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass durch eine transparente Berichterstattung Vertrauen gegenüber externen Anspruchsgruppen geschaffen wird. Transparenz bedeutet, dass die relevanten Informationen nachvollziehbar und verständlich kommuniziert werden. Finanzielle Informationen sind oft technisch und komplex und für Laien wenig verständlich. Die Herausforderung besteht darin, die richtigen Informationen bereitzustellen. Zu viele Informationen sind wenig verständlich und können verwirren. Zu wenige Informationen gehen zu Lasten der Transparenz. Oftmals fordern gewisse Anspruchsgruppen (z.B. Parlamentarier:innen oder Bürger:innnen) detaillierte Informationen zu gewissen politischen Geschäften ein. Nach dem Öffentlichkeitsprinzip müssen Gemeinden und Städte diese Informationen bereitstellen. In Bezug auf die finanzielle Berichterstattung mündet dies oft in seitenlangen Finanzberichten, die Buchungsjournals gleichen und zu viele Details beinhalten. Es ist wichtig, die Anspruchsgruppen nicht mit einer zu langen Berichterstattung zu überfordern – in diesem Fall verliert die Gemeinde die meisten Leser:innen und die wichtigsten Aussagen werden übersehen.

Dieser Zielkonflikt kann gelöst werden, indem auf eine modulare Online-Berichterstattung gesetzt wird (z.B. mithilfe von Microsoft Power BI oder Tableau). Diese besteht aus einer übergeordneten Berichterstattung, welche aggregierte Aspekte der finanziellen Entwicklung mit relevanten und verständlichen Kennzahlen aufzeigt. Die Adressat:innen können sich dann je nach Interesse stärker in die Informationen aus dem Cockpit vertiefen und die gewünschten Informationen gezielt abrufen. Damit erhalten Nutzer:innen die Informationsmenge, das sie sich wünschen.

Kostenentwicklung mit Kennzahlen in Relation setzen

Ein zusätzlicher Aspekt, um die Kostentransparenz zu verbessern und Missverständnissen vorzubeugen, ist die kombinierte Darstellung von Finanzen und Leistungen. Das eingangs erwähnte Beispiel der Einwohnerkontrolle könnte vermieden werden, wenn der Kostenentwicklung die Anzahl Fälle (in diesem Fall zum Beispiel die Bevölkerungsmutationen) gegenübergestellt werden. So könnten zwar die Kosten zunehmen, aber eben auch die Mutationen. In diesem Fall ist die Kostenerhöhung auf den ersten Blick erklärbar und nachvollziehbarer.

Auch mit Blick auf das Beispiel steigender Kosten in Bezug auf die Tagesbetreuung von Kindern kann ein sinnvoller Einsatz von Kennzahlen Missverständnissen vorbeugen. Denn nicht die Gesamtschülerzahl ist relevant, sondern die Zahl der Kinder, die Angebote der Tagesbetreuung in Anspruch nehmen, oder – noch genauer – die Zahl Betreuungsstunden, die erbracht werden. Wenn die Kosten diesen Leistungsgrössen gegenübergestellt werden, wird die Kostenentwicklung im Verhältnis zum Output sichtbar.

Die richtigen Kennzahlen für die jeweiligen Leistungen zu bestimmen, ist herausfordernd. Bei der Definition von Kennzahlen ist es essentiell, sich folgende Fragen zu stellen: Welche Leistungsmengen sind für die Kostenentwicklung relevant? Welche Qualitätsmerkmale können die Kosten beeinflussen? Sind diese Mengen und Merkmale messbar? Die Antworten auf diese Fragen sind die Mengen (Output), welche den Kosten gegenübergestellt werden können.

Kosten / Nutzen der Berichterstattung muss stimmen

Das Informationsbedürfnis zwischen den Gemeinden kann je nach finanzieller Ausgangslage stark variieren. So war eine Erkenntnis aus den Workshops, dass die Bevölkerung von Gemeinden mit einer finanziell guten Entwicklung in der Tendenz ein tieferes Informationsbedürfnis hat als diejenige von Gemeinden mit einer negativen finanziellen Entwicklung. Jedoch vergrössert sich das Informationsbedürfnis sprunghaft, wenn beispielsweise eine Steuererhöhung diskutiert wird oder ein Sparprogramm ansteht. Denn dann wollen Parlamentarier:innen und Bürger:innen genau wissen, wie die verfügbaren Mittel eingesetzt werden. Besteht ein solch grosses Informationsbedürfnis, ohne dass die Gemeinde erklären kann, wieso sie beispielsweise höhere Einnahmen benötigt, ist die Steuererhöhung nur schwer zu legitimieren. Es ist deshalb sinnvoll, auch bei einer guten finanziellen Entwicklung eine ergänzende kennzahlenbasierte Berichterstattung aufzubauen, welche die Kosten ins Verhältnis zu Leistungsmengen setzt (Vgl. Beispiele bei der Einwohnerkontrolle oder der Tagesbetreuung). So kann in der Not darauf zurückgegriffen werden.

Fazit

Die Berichterstattung zuhanden der Anspruchsgruppen von Gemeinden und Städten ist ein wesentlicher Aspekt in der Steuerung (interne Berichterstattung) und in der Kommunikation von Entscheidungen (externe Berichterstattung). Folgende drei Erfolgsfaktoren ergeben sich für eine transparente und verständliche Berichterstattung:

  1. Das Informationsbedürfnis soll pro Anspruchsgruppe festgelegt werden. Es kann sich nämlich nach Grösse, finanzieller Ausgangslage oder Organisationsform (Parlament vs. Gemeindeversammlung) einer Gemeinde unterscheiden. Basierend darauf kann dann die Berichterstattung aufgebaut werden.
  2. Eine kennzahlenbasierte Berichterstattung, welche die Kostenentwicklung der Mengenentwicklung gegenüberstellt und die Qualitätsstandards berücksichtigt, verbessert das Verständnis für die Kostenentwicklung und erhöht die Kostentransparenz.
  3. Eine digitale, modulare Berichterstattung und somit die Möglichkeit, von einer aggregierten Gesamtsicht auf die Details zu fokussieren, stärkt das Vertrauen in die öffentliche Institution und ermöglicht eine bedürfnisgerechte und schnelle Informationsbeschaffung.

Joel Haueter ist Geschäftsführender Partner von publicXdata AG.