Bernerhofgespräch 2020: Führung im digitalen Zeitalter

Das Bernerhofgespräch der SGVW ging am 2. November 2020 in die dritte Runde – in diesem speziellen Jahr ausschliesslich digital. Bundeskanzler Walter Thurnherr diskutierte mit Dr. Christian Keller (CEO IBM Schweiz) über die Digitalisierung des öffentlichen und privaten Sektors und den dazu passenden Führungsansätzen und -strukturen. Die Moderation des Gesprächs übernahm Lukas Bruhin (Präsident Swissmedic).

25.08.21


Die Digitalisierung hat auch einen enormen Einfluss auf die (Führungs-)Strukturen von Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung. In rasantem Tempo werden die klassisch hierarchischen Strukturen in Frage gestellt und bewährte Organisationsformen gelten wohl bald als überholt. Neue Führungskompetenzen (Digital Leadership) sind gefragt, gewisse Aufgaben werden von Maschinen übernommen. Das digitale, unternehmerische Leben ist geprägt von höherer Geschwindigkeit, grösserer Mobilität, agile Arbeitsformen und neuen Anforderungen an die Kommunikation innerhalb der Organisationen.

Für die Unternehmen und v. a. die öffentliche Hand wird Digital Leadership dabei zu einer grossen Herausforderung. Aufgrund der hierarchischen Strukturen werden die Veränderungen vor allem top-down implementiert und verlangen ein Umdenken in der Chefetage. Dabei geht es nicht nur um abstrakte Veränderungen der Führungsstruktur im Unternehmen, sondern um Veränderungen, die der einzelne Manager an seinem persönlichen Führungsstil und an seiner Einstellung zum Thema Führung und Digitalisierung zulassen muss.

Experten gehen davon aus, dass die Hierarchien in Verwaltungen als Folge der digitalen Transformation flacher werden. Zudem nennen sie eine Reihe von Kompetenzen und Denkweisen, über die Mitarbeitende in Verwaltungen künftig verfügen sollten. Hierzu gehören die Fähigkeit, in Prozessen zu denken, ein grundlegendes Verständnis für IT sowie die Offenheit für Innovationen. Hinzutreten sollten Kompetenzen in den Bereichen Transformationsmanagement und Kommunikation, Verständnis für die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen sowie für gesellschaftliche Prozesse.

Die öffentlichen Verwaltungen gelten als wenig veränderungswillig und sind wegen der politisch bedingten Form ihrer Organisation (in klar abgegrenzte Departemente und Ämter) seit Jahrzehnten gleich strukturiert. Führt die Digitalisierung zu einer Disruption des Aufbaus und der Funktionsweise der öffentlichen Verwaltung und zu einer grösseren Durchgängigkeit der politischen Ebenen (Bund, Kanton, Gemeinden), was auch bedeutende politische Konsequenzen mit sich brächte? Ist gar das Modell einer Führung aus gleichberechtigten und gleichgestellten Magistraten am Auslaufen?