Governance

Innovation

Standortentwicklung systemisch angehen

Systemische Standortentwicklung bedeutet, ganzheitlich zu denken und zu handeln, verschiedene Akteurinnen und Akteure an einen Tisch zu bringen, Menschen und technische Möglichkeiten zu vernetzen und die Interaktionen auf ein gemeinsames Ziel, Wert oder Problem auszurichten.

08.06.22


Ein Beitrag von Kevin Andermatt und Sandro Fuchs

Die lokale und regionale Entwicklung sieht sich heute mit einer Vielzahl unterschiedlicher Handlungsfelder konfrontiert: Strukturwandel, Chancengleichheit sowie ökologische und soziale Nachhaltigkeit, um nur einige Herausforderungen zu nennen. Gleichzeitig steigt die Komplexität der öffentlichen Aufgaben an der Schnittstelle von verschiedenen Politikfeldern wie Wirtschaftspolitik, Verkehrspolitik, Finanzpolitik, Umweltpolitik und Gesellschaftspolitik.  

Eine erfolgreiche Standortentwicklung zeichnet sich dadurch aus, dass sie diese Mehrdimensionalität, die stärker werdenden Abhängigkeiten und die steigende Dynamik erkennt und anerkennt – als Herausforderung und Chance zugleich. Ein systemischer Innovationsansatz für die regionale Entwicklung hilft, besser mit dieser hohen Komplexität in den Entwicklungsprozessen umzugehen.

Modell für die systemische Standortentwicklung

Das Institut für Verwaltungs-Management der ZHAW hat mit verschiedenen Partnern aus dem Netzwerk standortentwicklung.ch einen systemischen Innovationsansatz für die lokale und regionale Standortentwicklung erarbeitet. Dieser wird zusammen mit der Praxis laufend überprüft und bei Bedarf angepasst.

 Das Modell (Abbildung 1) geht von fünf zentralen Handlungsfeldern für die lokale und regionale Standortentwicklung aus: Verwaltung und Politik, Raum- und Siedlungsentwicklung, Menschen und Leben, Image und Identität sowie Arbeit und Wirtschaft. Diese Handlungsfelder sind in vier grosse Trends unserer Zeit eingebettet: Fortschreitende Digitalisierung, technologischer Wandel, gesellschaftliche oder ökologische Nachhaltigkeit sowie die Einbindung einer pluralistischen Gesellschaft.

Systemische Innovation ist eine fundamental kooperative Angelegenheit 

Diese Herausforderungen sind für eine Gemeinde oder Region allein nicht zu bewältigen. Nur im Zusammenspiel von verschiedenen Akteurinnen und Akteuren lassen sich diese meistern. Innovative und nachhaltige Lösungen entstehen im Zusammenspiel zwischen der öffentlichen Verwaltung, Wirtschaft, Gesellschaft, Bürgerinnen und Bürgern, lokalen Vereinen oder Netzwerken. Die zielgerichtete Vernetzung und Koordinierung von verschiedenen Akteurinnen und Akteuren ist der Grundpfeiler systemischer Innovation. Arbeiten diese Organisationen und Personen gemeinsam an den gleichen Zielen und werden Informationen und Wissen geteilt, können Synergien geschaffen werden. Die Wirkung fällt dann im Vergleich zu Akteurinnen und Akteur-Silos um ein Vielfaches höher aus. 

Die Standortentwicklung als regionale Innovationsplattform 

Der systemische Innovationsansatz kreiert eine neue Rolle für die Verwaltung und Standortentwicklung von heute. Somit ist die Verwaltung nicht mehr nur Dienstleisterin von öffentlichen Services und Infrastruktur, sondern auch Kuratorin und Moderatorin von Innovationsnetzwerken. Der Fokus liegt auf dem Gestalten von Möglichkeiten und Raum für regionale Kooperation und Innovation.

Die Standortentwicklung ist als regionale Innovationsplattform zu denken. Einerseits vernetzt und koordiniert sie verschiedene partizipierende und mitgestaltende Akteurinnen und Akteure, andererseits identifiziert sie komplementäre Aktivitäten und führt sie zusammen, um eine Skalierung der Innovationen zu erreichen.  

Eine systemische Standortförderung befähigt die an der Zielerreichung beteiligten Akteurinnen und Akteure, indem sie bei Bedarf Ressourcen bereitstellt, Regulierungen anpasst und Experimentierräume schafft. Gemeinsam mit den anderen Akteurinnen und Akteuren entwickelt sie neue Erzählungen in Form von Wertversprechen. Diese schaffen einen gemeinsamen Bezugsrahmen und verankern den erwirkten Wandel nachhaltig.

Kevin Andermatt ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am ZHAW-IVM Institute of Public Management

Dr. Sandro Fuchs ist Dozent und Fachstellenleiter am ZHAW-IVM Institute of Public Management


Dieser Beitrag erschien zuerst auf standortentwicklung.ch.